Zweckbetrieb & Wohlfahrtspflege im Rettungswesen

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Nach § 66 Abgabenordnung (AO) ist eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege ein Zweckbetrieb, wenn sie in besonderem Maß bedürftigen Personen dient. Dazu müssen diesen mindestens zwei Drittel der Leistungen zugute kommen. Diese Begünstigung gilt grundsätzlich auch für Subunternehmer.

Quelle   FG Schleswig-Holstein, Urteil 28.06.2022 [Aktenzeichen 4 K 96/19]

Zweckbetriebe: Unmittelbarkeit bei Wohlfahrtspflege muss weit ausgelegt werden

Das stellt das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) im Fall eines gemeinnützigen Vereins klar, der im Bereich des Rettungswesens, der Pflege und der Erste-Hilfe-Ausbildung tätig ist. Er führte u.a. Transporte von Blut und Gewebeproben zwischen Arztpraxen/Krankenhäusern und Laboren durch. Vertragliche Beziehungen bestanden dabei lediglich zwischen dem Verein und den Krankenhäusern/Ärzten bzw. den Laboren, nicht aber zu den Patienten, deren Proben er transportierte.

Das Finanzamt war deswegen der Meinung, die Umsätze fielen nicht in den Zweckbetrieb und müssten daher mit den vollen Umsatzsteuersatz von 19 % besteuert werden müssten. Die Leistungen kämen nämlich nicht unmittelbar dem begünstigten Personenkreis (Verletzte, Kranke und Behinderte) zugute.

Das sah das FG anders. Die Transporte, der Blut und Gewebeproben dienten nahezu ausschließlich dazu, kranken – also hilfsbedürftigen – Menschen zu helfen. Die Zweidrittel-Regelung war also erfüllt. Die Tätigkeit erfolgte auch nicht erwerbmäßig, weil nicht ersichtlich war, dass mit ihr Gewinne angestrebt wurden, die den konkreten Finanzierungsbedarf überstiegen.

Ebenfalls keine Rolle spielte, dass die Leistungen den kranken Menschen nicht im Rahmen eines direkten Vertragsverhältnisses zugutekamen, sondern der Verein nur als Subunternehmer tätig war. Für ein „Zugutekommens“ i.S.d. § 66 AO ist nämlich keine vertragliche Leistungsbeziehung mit den begünstigten Personen erforderlich.

Nach Ansicht des FG genügt dabei eine „faktische Unmittelbarkeit“. Es reicht aus, wenn die entsprechenden Leistungen bei der Linderung der Hilfsbedürftigkeit ihren Niederschlag finden, weil sie notwendiger Bestandteil der erforderlichen Gesamtleistung sind. Es ist dafür weder ein Vertragsverhältnis noch ein faktischer Kontakt zwischen bedürftiger Person und Leistungserbringer erforderlich.

§ 66 AO – so das FG – verlangt lediglich ein „Zugutekommen“. Das erlaubt vom Wortsinn her eine Begünstigung auch ohne faktische Leistungen der Körperschaft unmittelbar an den Patienten.