Vereinsmitgliedschaft & Arbeitsverhältnis

Datum:

Wenn Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften Arbeitnehmer beschäftigen, ist für die Beurteilung, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, auch bei ihnen auf das Verhältnis der Parteien abzustellen. Gegebenenfalls ist zu prüfen, ob dieses Verhältnis durch die Religion bzw. Weltanschauung geprägt wird. Das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) hat in einem Fall entschieden, in dem die Parteien über Zahlungsansprüche eines ehemaligen Vereinsmitglieds stritten. Dabei war zu klären, ob das Mitglied seine Dienstleistungen aufgrund eines Arbeitsverhältnisses oder der Mitgliedschaft in einer als Verein organisierten religiösen Gemeinschaft erbracht hatte.

Quellen

  • LAG Hamm, Urteil 17.05.2022 [Aktenzeichen 6 Sa 1249/21]
  • BAG, Urteil 25.04.2023 [Aktenzeichen 9 AZR 253/22]

Kann die Vereinsmitgliedschaft ein Arbeitsverhältnis begründen?

Die Klägerin war für einen gemeinnützigen Yoga-Verein tätig gewesen und hatte ein Taschengeld plus Sozialversicherung, Unterkunft und Verpflegung erhalten. Nach ihrem Austritt verklagte sie den Verein, weil ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, und verlangte die Nachzahlung von über 200.000 €. Während das Arbeitsgericht ihr noch Mindestlohnansprüche zubilligte, hat das LAG die Klage insgesamt abgewiesen, da kein Arbeitsverhältnis bestanden und die Klägerin keine Erwerbsabsicht gehabt habe.

Hinweis   Für das Vorliegen eines Arbeitsvertrags muss eine Verpflichtung zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit bestehen. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen.

Der Verein hatte sich zur Abwehr einer Inanspruchnahme als Arbeitgeber darauf berufen, die Klägerin sei für ihn als Vereinsmitglied tätig gewesen. Er sei eine Religionsgemeinschaft oder weltanschauliche Vereinigung und das Vertragsverhältnis zwischen ihm und seinem Mitglied sei durch diese Weltanschauung geprägt. Hat der Verein hierfür Anhaltspunkte vorgetragen, verbleibt es laut LAG bei der grundsätzlichen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses.

Hinweis   Aufgrund der eingelegten Revision wird das Bundesarbeitsgericht das letzte Wort in dieser Sache haben.

Das BAG hat am 25.04.2023 geurteilt:

  • Der Beklagte ist weder Religions- noch Weltanschauungsgemeinschaft. Es fehlt das erforderliche Mindestmaß an Systembildung und Weltdeutung.
  • Die Klägerin war Arbeitnehmerin des Beklagten und hat für den streitgegenständlichen Zeitraum Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.

Die gesamte Pressemitteilung zum Urteil finden Sie unter den Web-Links.