USt & Fahrsicherheitstrainings

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Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist in folgenden Leitsätzen zusammengefasst:

1. § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG ist entsprechend Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL richtlinienkonform auszulegen.

2. Bei einem Fahrsicherheitstraining liegen "Kurse belehrender Art" i.S. von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG vor, wenn es sich um eine Schulungsmaßnahme handelt, die zum Erwerb oder zur Erhaltung beruflicher Kenntnisse konkret geeignet ist (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL iVm. Art. 44 Satz 1 Alternative 2 MwStVO).

3. Für die Steuerfreiheit als Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung kommt es nicht auf die Voraussetzungen des nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL steuerfreien Unterrichts an.

Quelle   BFH, Urteil 17.11.2022 [Aktenzeichen V R 33/21 (V R 26/18)].

Sind die Einnahmen eines Fahrsicherheitstrainings umsatzsteuerfrei?

Verkehrssicherheit ist gleichermaßen für Fahranfänger und für „alte Hasen“ relevant. Hier setzte die Tätigkeit eines gemeinnützigen Vereins an, der ausschließlich und unmittelbar die Verkehrssicherheit und die Verkehrserziehung förderte. Er führte Fahrsicherheitstrainings durch und hatte sich einen Rettungssimulator angeschafft, mit dem Nutzer trainieren konnten, sich aus einem umgestürzten Auto zu befreien. Den Rettungssimulator stellte der Verein verschiedenen Veranstaltern (z.B. Autohäusern) gegen Entgelt zur Verfügung; daneben wurde er auch (unentgeltlich) in Schulen eingesetzt.

Der Verein ging davon aus, dass seine Umsätze steuerfrei seien, und gab daher keine Umsatzsteuererklärungen ab. Dagegen war das Finanzamt der Ansicht, dass die Umsätze aus dem Fahrsicherheitstraining zwar steuerpflichtig seien, aber dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterlägen. Es setzte die Umsatzsteuer daraufhin entsprechend fest. Während das Finanzgericht (FG) der Klage des Vereins überwiegend stattgab, hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Revision des Finanzamts als begründet angesehen. Das FG habe zu Unrecht entschieden, dass die Umsätze aus dem Fahrsicherheitstraining steuerfrei seien.

Das Fahrsicherheitstraining ist laut BFH kein steuerfreier Unterricht. Im Fahrsicherheitstraining werde theoretisch und praktisch das Fahrverhalten von Pkws oder Motorrädern geschult, um gezielt Unfälle zu vermeiden. Die Steuerbefreiung einer Unterrichtsleistung setze jedoch ein integriertes System der Kenntnisvermittlung sowie ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen voraus, was hier fehle.

Hinweis   Der BFH konnte nicht entscheiden, ob eine Steuerfreiheit aufgrund einer beruflichen Fortbildung möglich ist. Hierzu bedarf es weiterer Feststellungen, die das FG in einem zweiten Rechtsgang zu treffen hat. Da an den Kursen auch Jugendliche teilgenommen hatten, soll das FG zudem prüfen, ob unionsrechtlich eine Steuerfreiheit im Sinne einer Verkehrserziehung als „Erziehung von Kindern und Jugendlichen“ bestehen könnte.