USt & Blut- und Gewebetransporte

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Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 05.04.2023 ist in folgenden Leitsätzen zusammengefasst:

1. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG setzt bei Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs voraus, dass auch die Voraussetzungen des Satzes 3 dieser Vorschrift vorliegen.

2. Der Änderung des Anhangs III Nr. 15 der MwStSystRL durch die Richtlinie (EU) 2022/542 vom 05.04.2022 (ABlEU Nr. L 107, Seite 1) kommt ‑‑als unionsrechtliche Grundlage des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG‑‑ keine Rückwirkung auf Umsätze vor ihrem Inkrafttreten.

Quelle   BFH Urteil 05.04.2023 [Aktenzeichen V R 14/22].

Nicht nur auf die Satzung kommt es an

Unterliegen von einem gemeinnützigen Verein durchgeführte Blut- und Gewebetransporte dem ermäßigten Umsatzsteuersatz oder nicht? Mit dieser Frage hat sich kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH) auseinandergesetzt.

Im Streitfall hatte ein Verein unter anderem Blut- und Gewebeproben von Arztpraxen und Krankenhäusern zu Laboren transportiert. Vertragsbeziehungen bestanden nur zwischen dem Verein und den Krankenhäusern, Ärzten und Laboren, nicht aber zu den Patienten, deren Proben transportiert wurden. Die Umsätze unterwarf der Verein dem ermäßigten Steuersatz. Das Finanzamt wandte demgegenüber den Regelsteuersatz an. Die erbrachten Leistungen seien nicht unmittelbar dem begünstigten Personenkreis (Verletzte, Kranke und Behinderte) zugutegekommen. Die dagegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte Erfolg. Das Finanzamt ging daraufhin in Revision, die der BFH als begründet ansah. Er hat den Rechtsstreit an das FG zurückverwiesen, weil nicht nachvollziehbar sei, warum das FG die Voraussetzungen der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes als vollständig erfüllt angesehen habe.

Leistungen gemeinnütziger Vereine können dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, wenn sie nicht im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Sofern es sich im Streitfall um einen Zweckbetrieb „Wohlfahrtspflege“ handeln sollte, hätten die Transporte laut BFH aber vom Vereinszweck umfasst sein müssen. Die Satzung hatte nämlich nur den Transport von Personen, nicht aber den von Blut- und Gewebe aufgeführt. Die Steuersatzermäßigung gilt zudem nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. Da nach der Rechtsprechung des BFH alle Zweckbetriebe diese Voraussetzung erfüllen müssen, wird das FG auch dazu Feststellungen nachholen müssen.

Die Transportleistungen seien den hilfebedürftigen Personen auch nicht im Sinne des Gesetzes zugutekommen. Denn sie seien nicht direkt „an den Patienten“ erbracht worden, sondern der Kontakt zu diesen habe nur über die in verschlossenen und verpackten Behältnissen befindlichen Blut- und Gewebeproben bestanden.