Betrügerische Mittelfehlverwendung & Zurechnung

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Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob sich eine gGmbH eine betrügerische Mittelfehlverwendung zurechnen lassen muss und daher die Gemeinnützigkeit verliert.

Quelle   FG Düsseldorf, Urteil 15.04.2024 [Aktenzeichen 6 K 2425/21 AO].

Überhöhte Gehälter können Status der Gemeinnützigkeit gefährden

Kann einer gemeinnützigen Organisation wegen der Zahlung marktunüblicher, überhöhter Gehälter die Gemeinnützigkeit aberkannt werden? Mit dieser Frage hat sich das Finanzgericht Düsseldorf (FG) auseinandergesetzt.

Im Streitfall ging es um eine gemeinnützige GmbH (gGmbH). Deren Geschäftsführerin hatte sich deutlich überhöhte Vergütungen auszahlen lassen. Die Gehaltserhöhungen waren in einer vom Aufsichtsratsvorsitzenden und von ihr selbst unterzeichneten Neufassung der Vergütungsmodalitäten des Geschäftsführervertrags geregelt. Die anderen Mitglieder des Aufsichtsrats wurden hierüber nicht informiert. Das Finanzamt sah dar­in einen Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit, das eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit rechtfertige. Die gGmbH argumentierte dagegen, dass diese ohne Zustimmungsbeschluss erfolgten und daher eigenmächtigen Handlungen ihr nicht zugerechnet werden könnten.

Laut FG können die eigenmächtigen Handlungen der Geschäftsführerin und des Aufsichtsratsvorsitzenden der gGmbH nur dann zugerechnet werden, wenn der Aufsichtsrat

  • als Überwachungsorgan seine Überwachungspflichten grob fahrlässig verletzt und
  • so die Pflichtverletzungen ermöglicht hätte.

Der Aufsichtsrat habe seine Sorgfaltspflichten zwar verletzt, indem er die Gehaltsregelungen nicht engmaschiger kontrolliert habe. Von grober Fahrlässigkeit im Sinne einer ungewöhnlich hohen und nicht entschuldbaren Pflichtverletzung sei aber nicht auszugehen. Vielmehr sei der Aufsichtsrat unter Einsatz erheblicher krimineller Energie der Beteiligten getäuscht worden und auch die Abschlussprüfer hätten die Verstöße nicht festgestellt. Dies schließe eine Zurechnung der auf diesem Verhalten gründenden Mittelfehlverwendung zur gGmbH aus. Im Übrigen hatte der Aufsichtsrat nach Bekanntwerden des Sachverhalts zeitnah gehandelt und der Geschäftsführerin außerordentlich fristlos gekündigt. Zudem wurden gegen die Geschäftsführerin und den Aufsichtsratsvorsitzenden Ansprüche geltend gemacht, was ebenfalls gegen ein gemeinnützigkeitsschädliches Verhalten sprach. Das FG hat die Gemeinnützigkeit der Klägerin daher bejaht und die Steuerbescheide aufgehoben.

Das FG legt an ehrenamtlich tätige Organe im Hinblick auf ein Überwachungsverschulden zwar einen anderen Maßstab an die Kontrollpflichten an als bei großen Einrichtungen mit hauptamtlichen Organen. Das Urteil sollte aber nicht als „Freibrief“ gewertet werden, sondern die Anforderungen an die Überwachung im gemeinnützigen Verein sollten ernst genommen werden.

Hinweis   Die Urteilsgrundsätze sind auf Vereine übertragbar.

Die Entscheidung des FG liefert wichtige Anhaltspunkte zu den Pflichten des Überwachungsorgans. Es hat sicherzustellen, dass die Geschäftsführung die gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben einhält. Wir beraten Sie gerne zu der Frage, wie Sie Ihre Überwachungspflichten wahrzunehmen haben.