Elektronische Kassensysteme

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Bei bargeldintensiven Betrieben kommt der Kassenführung für die Frage der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung erhebliche Bedeutung zu. Die Kassenführung ist daher in diesen Betrieben stets ein Prüfungsschwerpunkt bei Betriebsprüfungen. Kommt es hier zu Beanstandungen, drohen oft erhebliche Hinzuschätzungen.

Bereits mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (BGBl I 2016, S. 3152) wurde der Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht mit Wirkung vom 29.12.2016 gesetzlich festgeschrieben. Damit und durch zahlreiche weitere Vorgaben (siehe Web-Links) wurden die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kasse (Einzeldatenspeicherung, Unveränderbarkeit der Daten, Verfahrensdokumentationen, Zählprotokoll, Aufzeichnungen der Entnahmen und Einlagen, usw.) mehrfach verschärft. Insbesondere das Auslaufen der Schonfrist für elektronische Registrierkassen ist zu beachten: Ab 01.01.2023 dürfen daher, die unter die Schonfristregelung fallenden Kassen, nicht mehr eingesetzt werden! Es muss eine „neue“ Kasse angeschafft werden.

Wir erläutern Ihnen die wichtigsten gesetzlichen Vorgaben und Unterstützen Sie mit zahlreichen Checklisten (siehe Downloads).

Vorgaben der elektronischen Kassenführung

I. Einzelaufzeichnungsverpflichtung

Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung gilt für jeden, der eine gewerbliche, berufliche oder land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit selbstständig ausübt und gilt unabhängig von der Gewinn­ermittlungsart. Die Ausführungen gelten nicht erst seit 2020, sind aber von Seiten der Finanzverwaltung nochmals verschärft worden.

Eine Einzelaufzeichnung liegt nur vor, wenn grundsätzlich jeder einzelne Geschäftsvorfall unmittelbar nach seinem Abschluss und in einem Umfang aufgezeichnet wurde, der einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit eine lückenlose Überprüfung seiner Grundlagen, seines Inhalts, seiner Entstehung und Abwicklung und seiner Be­deutung für den Betrieb ermöglicht.

Die Grundaufzeichnungen müssen jederzeit eindeutig in Einzelpositionen aufgegliedert werden können. Festzuhalten sind:

  • Name und Anschrift des Geschäftspartners,
  • der verkaufte, eindeutig bezeichnete Artikel, (= artikelgenaue Programmierung erforderlich),
  • der endgültige Einzelverkaufspreis,
  • der dazugehörige Umsatzsteuersatz und -betrag,
  • ggf. vereinbarte Preisminderungen,
  • die Zahlungsart, (bar, EC-Karte, Kreditkarte, Gutschein, etc.)
  • das Datum und der Zeitpunkt des Umsatzes sowie
  • die verkaufte Menge bzw. Anzahl.


So stellt sich die Frage, ob bei jedem Geschäftsvorfall der Name des Geschäftspartners mit aufgezeichnet werden muss. Gesetzliche Aufzeichnungsverpflichtungen, sowie branchenspezifische Mindest­aufzeichnungspflichten und Zumutbarkeits­gesichtspunkte sind zu berücksichtigen. Es wird z.B. von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die Mindestangaben zur Nachvollziehbarkeit des Geschäftsvorfalles einzeln aufgezeichnet werden, nicht jedoch die Kundendaten, wenn diese für den Geschäftsvorfall unwesentlich und nicht bekannt sind.

Von der Einzel­aufzeichnungspflicht ausgenommen ist der Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung. Dies gilt insbesondere für den Einzelhandel und vergleichbare Berufsgruppen. Hier gilt die Einzelaufzeichnungspflicht aus Zumutbarkeits­gründen nicht, wenn kein elektronisches Aufzeichnungs­system, sondern eine offene Ladenkasse verwendet wird. Wird jedoch ein elektronisches Aufzeichnungs­system verwendet, gilt zwingend die Einzelaufzeichnungs­pflicht.

Diese Ausnahme ist nach Aussage der Finanzverwaltung grundsätzlich auch auf Dienstleistungen übertragbar, wenn die Dienstleistungen ebenfalls an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung erbracht werden und kein elektronisches Aufzeichnungs­system verwendet wird. Hierbei muss der Geschäftsbetrieb auf eine Vielzahl von Kundenkontakten ausgerichtet und der Kundenkontakt des Dienstleisters und seiner Angestellten im Wesentlichen auf die Bestellung und den kurzen Bezahlvorgang beschränkt sein, (z.B. Fahrgeschäfte auf einem Volksfest, Biergarten mit Selbstbedienung, Waschstraßen, Dienstleistungen bei stark frequentierter Laufkundschaft)

Einzelaufzeichnungen sind dagegen zu führen, wenn der Kundenkontakt in etwa der Dauer der Dienstleistung entspricht und der Kunde auf die Ausübung der Dienst­leistung üblicherweise individuell Einfluss nehmen kann, (z.B. Frisöre, Kosmetik- und Fingernagelstudios sowie Fußpfleger, Ärzte, Tierärzte, Physiotherapeuten).

 

II. Anforderungen an Registrier- und PC-Kassen grundsätzlich seit 01.01.2020

Seit dem 01.01.2020 sind weitere verschärfende Auflagen für die elektronischen Kassensysteme in Kraft getreten.

Hinweis: Das Bundesministerium für Finanzen hat mit Schreiben vom 06.11.2019 eine Nichtbeanstandungs­regelung bei Verwendung von Registrier- und PC-Kassen-, App-Kassen­systemen veröffentlicht. Demnach wurde es nicht beanstandet, wenn die „elektronischen Kassensysteme“ längstens bis zum 31.03.2021 noch nicht über eine zertifizierte technische Sicherheits­einrichtung (TSE) verfügten. Mit Ablauf des 31.03.2021 muss nunmehr jedes Kassensystem entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 146a AO mit einer TSE verbunden sein.

Wichtig: Sollten Sie zulässigerweise Ihre elektronische Kasse, welche nicht aufrüstbar mit einer TSE-Lösung war, weiterhin genutzt haben, so läuft diese Übergangs­regelung zum 31.12.2022 aus. Ab 01.01.2023 dürfen daher, die unter die Schonfrist­regelung fallenden Kassen, nicht mehr eingesetzt werden! Es muss eine „neue“ Kasse angeschafft werden.

Zu den neuen Anforderungen gehören insbesondere:

  • A. Pflicht zur zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung

Die elektronischen Aufzeichnungssysteme und die digitalen Aufzeichnungen müssen grundsätzlich seit 01.01.2020 mit einer zertifizierten technischen Sicherheits­einrichtung (TSE) bestehend aus Sicherheitsmodul, Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle ausgestattet sein. Dazu gewährleistet das Sicherheitsmodul, dass alle Kasseneingaben mit Beginn des Aufzeichnungsvorgangs protokolliert und später nicht mehr unerkannt verändert werden können. Auf einem Speichermedium werden die Einzel­aufzeichnungen für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist gespeichert. Eine digitale Schnittstelle gewährleistet eine reibungslose Datenübertragung für die Finanzverwaltung. Diese Schnittstelle muss spätestens bei Einsatz der zertifizierten technischen Sicherheits­einrichtung vorhanden sein.

Bitte beachten Sie! Für Registrierkassen, die nach dem 25.11.2010 und vor dem 01.01.2020 angeschafft wurden, die den Regelungen der Aufbewahrung digitaler Unterlagen entsprechen und nicht umgerüstet werden können, gilt eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2022. Die Nachweise, dass diese Voraussetzungen vorliegen, sind für die eingesetzte Registrierkasse der Systemdokumentation beizufügen (z.B. durch eine Bestätigung des Kassenherstellers). Diese Übergangsregelung gilt nicht für PC-Kassensysteme.

Ab 01.01.2023 dürfen daher, die unter die Schonfristregelung fallenden Kassen, nicht mehr eingesetzt werden! Es muss eine „neue“ Kasse angeschafft werden.

Aktuell: Am 13.10.2022 hat das BMF veröffentlicht, dass die Zertifizierung der Version 1 der TSE der Firma cv cryptovision GmbH mit Ablauf des 07. Januars 2023 ausläuft. Damit ist ab diesem Zeitpunkt diese TSE keine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung im Sinne des § 146a Absatz 1 Satz 1 AO. Unternehmer, die das o.g. TSE-Modul nutzen, müssen dieses somit umgehend austauschen! Bitte wenden Sie sich an Ihren Kassenaufsteller!

 

  • B. Belegausgabepflicht gilt bereits seit 01.01.2020 (unabhängig von Übergangs- und Nichtbeanstandungsregelungen)

„Elektronische Kassensysteme“ müssen in der Lage sein, für jeden einzelnen Geschäftsvorfall einen Beleg auszustellen, entweder elektronisch oder in Papierform. Dazu wird die Pflicht zur Ausgabe von „Kassenbons“ an die Kunden in Deutschland eingeführt, d.h. es ist zwingend ein Beleg zu erstellen. Der Beleg muss in unmittelbarem zeitlichem Zusammen­hang mit dem Geschäftsvorfall erteilt werden. Den Kunden trifft nicht die Pflicht, den Beleg mitzunehmen.

Folgende Inhalte müssen auf dem Ausgabebeleg enthalten sein:

1. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers,

2. das Datum der Belegausstellung und den Zeitpunkt des Vorgangbeginns sowie den Zeitpunkt der Vorgangsbeendigung,

3. die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,

4. die Transaktionsnummer,

5. das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz,

6. die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls,

7. der Betrag je Zahlungsart,

8. der Signaturzähler,

9. der Prüfwert.

 

  • C. Meldungspflicht an die Finanzverwaltung

Unternehmer, die ihre Geschäftsvorfälle mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungs­systems erfassen, welches unter die neuen gesetzlichen Regelungen fällt, müssen Ihre elektronischen Aufzeichnungs­systeme bei der Finanzverwaltung registrieren! Hiervon gibt es folgende Ausnahmen: Registrier­kassen, für die die Übergangs­regelung gilt (vgl. oben), unterliegen im Übergangszeitraum keiner Mitteilungs­pflicht.

Dem zuständigen Finanzamt ist für jede Betriebsstätte folgendes mitzuteilen:

1. Name des Unternehmers,

2. Steuernummer des Unternehmers,

3. Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung,

4. Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,

5. Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme,

6. Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,

7. Datum der Anschaffung des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,

8. Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems.


Die Mitteilung ist innerhalb eines Monats nach Anschaffung oder Außerbetriebnahme des elektronischen Aufzeichnungssystems zu erstatten.

Hinweis: Bereits mit Schreiben vom 30.06.2023 hatte das Bundes­ministerium der Finanzen (BMF) in Kapitel 1.16 für die Mitteilungs­pflichten nach §146a Abs. 4 AO den Weg über das Programm „Mein Elster“ festgelegt. Mit neuem BMF-Schreiben vom 28.06.2024 wurde bekannt gegeben, dass die Mitteilungs­pflichten ab 01.01.2025 per Elster erfüllt werden können und ab 01.07.2025 erfüllt werden müssen. Die Aussetzung der Mitteilungs­pflichten nach BMF-Schreiben vom 06.11.2019 wurde vollständig aufgehoben. Die Mitteilung von vor dem 01.07.2025 angeschafften elektronischen Aufzeichnungssystemen ist bis zum 31.07.2025 zu erstatten.

 

III. Neue Sanktionsmöglichkeiten im Zusammenhang mit elektronischen Aufzeichnungssystemen und Aufzeichnungspflichten

Verstöße gegen die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Nutzung der technischen Sicherheitseinrichtung können als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von
5.000 Euro bis zu 25.000 Euro geahndet werden.

Darunter fallen folgende Feststellungen:

1. wer nach Gesetz buchungs- oder aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder Betriebsvorgänge nicht oder in tatsächlicher Hinsicht unrichtig aufzeichnet oder aufzeichnen lässt, verbucht oder verbuchen lässt,

2. wer ein vorgeschriebenes elektronisch zertifiziertes Aufzeichnungssystem nicht oder nicht richtig verwendet,

3. wer ein elektronisches Aufzeichnungssystem nicht oder nicht richtig schütz,

4. geschäftsmäßige Bewerbung und In-Verkehr-Bringen von elektronischen Aufzeichnungs­systemen, die den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprechen,

5. Steuergefährdungstatbestände liegen auch vor, wenn Belege ausgestellt werden, die in tatsächlicher Hinsicht unrichtig sind und wenn Belege gegen Entgelt in den Verkehr gebracht werden.

Bei Ausstellung falscher Belege, unrichtiger Aufzeichnung etc. kann das Bußgeld 5.000 Euro betragen. Wer Betriebs­vorgänge nicht oder nicht richtig aufzeichnet, ein nicht vorgeschriebenes Aufzeichnungs­system verwendet oder keine zugelassenen Systeme gewerbemäßig bewirbt (siehe vorstehende Gliederung), dem wird das Vergehen mit einem Bußgeld bis 25.000 Euro geahndet.

Das Bußgeld kann bei Fehlerwiederholung erneut verhängt werden!

 

IV. Kassen-Nachschau

Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen wurde der Finanzverwaltung ein neues Kontroll­instrument geschaffen. Das Gesetz hat der Betriebsprüfung bereits seit dem 01.01.2018 die Möglichkeit einer sogenannten Kassen-Nachschau eröffnet. Hier können Finanzbeamte ohne vorherige Ankündigung zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung erscheinen.

 

Auf Anforderung des Prüfers sind:

1. Auskünfte über die Kassenführung zu erteilen,

2. die Verfahrensdokumentation zum eingesetzten Aufzeichnungssystem einschließlich der Informationen zur zertifizierten technischen Sicherheits­einrichtung vorzulegen,

3. Bedienungsanleitungen, Programmieranleitungen und Datenerfassungsprotokolle über durchgeführte Programm­änderungen vorzulegen,

4. die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen (Kasseneinzeldaten) auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung zu stellen.

5. Seit 01.01.2020 sind die digitalen Aufzeichnungen über die digitale Schnittstelle (vgl. oben) oder auf einem maschinell auswertbaren Datenträger nach den Vorgaben der digitalen Schnittstelle zur Verfügung zu stellen.

Der Prüfer kann u.a. zur Prüfung der ordnungsgemäßen Kassenaufzeichnungen einen sog. „Kassensturz“ verlangen, da die Kassensturz­fähigkeit (Soll-Ist-Abgleich) ein wesentliches Element der Nachprüfbarkeit von Kassen­aufzeichnungen jedweder Form darstellt.

 

V. Fazit

Die Kassenprüfung ist bei Betriebsprüfungen immer ein Prüfungsschwerpunkt im Bereich der Einnahmen­verprobung und hat das Ziel, die Ordnungs­mäßigkeit der Buchführung zu belegen oder zu widerlegen (§ 158 AO). Können die o.g. Unterlagen nicht, bzw. nur unvollständig vorgelegt werden, so hat die Finanzverwaltung aufgrund aktueller Rechtsprechung der Gerichte eine Schätzungs­befugnis.

Seit dem 31.03.2021 muss nunmehr jedes Kassensystem entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 146a AO mit einer TSE verbunden sein. In aktuellen Kassen-Nachschauen werden die Voraussetzungen durch die Finanzverwaltung überprüft.